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Evangelische Kirchengemeinde Wendlingen am Neckar

Wort der Woche

Wort der Woche

03.02.2024, 09:27 Uhr

Wort der Woche

„Die Wahrheit wird euch frei machen:“

Jesus, Johannesevangelium, Kapitel 8 Vers 32

Liebe Gemeindeglieder in Wendlingen am Neckar,

am 25.1. wurde die von der Evangelischen Kirche in Deutschland in Auftrag gegebene ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in Kirche und Diakonie veröffentlicht. Jetzt wissen wir, wissenschaftlich gesichert, was zu befürchten war: Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende in unserer Kirche haben ihnen anvertrauten Menschen sexualisierte Gewalt angetan. Vertrauen wurde missbraucht, Kinder und Jugendliche, aber auch erwachsene Schutzbefohlene wurden seelisch und körperlich verletzt. Dabei geht es längst nicht nur um Zahlen: Die Studie hat ans Licht gebracht, dass täterschützende Strukturen und die Art und Weise, wie innerhalb der Kirche mit Konflikten umgegangen wird, die Aufklärung jahrzehntelang verhindert haben. Insbesondere der bisherige, nicht angemessene Umgang mit Betroffenen steht im Fokus der Studie.

Dass viel zu lange weggeschaut und nichts unternommen wurde, ist nur schwer zu verstehen. Mit Worten unseres Landesbischofs Ernst-Wilhelm Gohl bitte ich Sie deshalb: „Tragen Sie dazu bei, dass bei sexualisierter Gewalt nicht weggesehen wird oder Meldungen überhört werden.“ Wenn Sie aus Gegenwart oder Vergangenheit um Fälle sexualisierter Gewalt innerhalb unserer Kirche wissen, dann sprechen Sie bitte darüber. Und wenn Sie selbst betroffen sind und es Ihnen möglich ist, wenden Sie sich bitte an eine Person, zu der Sie Vertrauen haben. Die zentrale Anlaufstelle „help“ ermöglicht unabhängige Information und Beratung für Betroffene von sexualisierter Gewalt innerhalb der evangelischen Kirche und der Diakonie. Telefon: 0800 5040112; www.anlaufstelle.help.

Auf der Seite www.elk-wue.de/helfen/ sexualisierte-gewalt finden Sie ebenfalls hilfreiche Informationen.

Wir werden unsererseits als Hauptamtliche in unserer Kirchengemeinde alles dafür tun, dass es bei uns zu keinen Übergriffen kommt. Wenn Verdachtsfälle uns gegenüber zur Sprache kommen sollten, werden wir eine transparente Aufklärung sicherstellen, die betroffene Personen schützt und stärkt.

Trotz allem möchte ich an dieser Stelle aber auch eines sagen:

Ich wäre niemals Pfarrer geworden, wenn ich in meiner Kindheit und Jugend nicht wunderbare und mich als Person prägende Erfahrungen in Kinder- und Jugendgruppen in unserer damaligen Kirchengemeinde gemacht hätte. Ich hätte niemals Theologie studiert, wenn ich in der Oberstufe nicht einen hervorragenden Religionsunterricht eines an unserem Gymnasium unterrichtenden Pfarrers genossen hätte. Ich hätte nie so viel Spaß am Skifahren, wenn mir das nicht in Häusern des Evangelischen Jugendwerks nahegebracht worden wäre.

Und ich weiß, dass auch in unserer Stadt und in unserer Gemeinde Kinder und Jugendliche sehr viel Positives erfahren haben und erfahren bei den Pfadfindern und im Kinder- und Jugendchor, im Posaunenchor und auf Ferienlagern. Das alles und diese positiven Erfahrungen dürfen wir uns nicht kaputt machen lassen von Menschen, die durch ihr Verhalten Gemeinschaft und vertrauensvolles Miteinander von innen heraus bedrohen und zerstören. Ich danke deshalb ausdrücklich allen, die in ihren Gruppen gute Arbeit machen und Räume des Vertrauens und des Respekts schaffen.

Damit das so bleibt und auch ein verlässlicher äußerer Rahmen besteht, haben wir bereits im vergangenen Jahr begonnen, ein ganz konkretes und auf unsere Kirchengemeinde zugeschnittenes Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt in unserer Gemeinde zu erarbeiten. Dieses wird zeitnah verabschiedet und umgesetzt.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir alle mit offenen Augen und sensibler Wahrnehmung durch unser Leben gehen, den Mut haben, Dinge anzusprechen, wenn wir ein ungutes Gefühl haben und so weiter Räume des Vertrauens und gute Begegnungen auch in unserer Kirchengemeinde ermöglichen.

Ich schreibe diese Worte auch im Namen meiner Kollegen Pfarrer Hans-Peter Moser, Pfarrer Paul-Bernhard Elwert und Diakonin Bärbel Unrath.

Ihr Pfarrer Peter Brändle

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