Titelbild von STEFFEN WEIGEL

STEFFEN WEIGEL

2022

2022

15.01.2022, 16:31 Uhr

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

leider wird es auch in diesem Jahr wieder keinen Neujahrsempfang der Stadt geben. Wir haben uns aber entschlossen, die Veranstaltung nicht abzusagen sondern lediglich zu verschieben, um zu einem günstigeren Zeitpunkt dann einen Jahresempfang durchführen zu können.

So kann ich Ihnen den Vogel des Jahres 2022, den Wiedehopf, auch in diesem Jahr wieder nur schriftlich vorstellen. Dazu empfehle ich Ihnen aber auch vor allen Dingen den Webauftritt des Naturschutzbundes Deutschland anzuschauen, indem wieder alle Naturwesen des Jahres ausführlich beschrieben sind. Der Wiedehopf ist ein Zugvogel, der die Wintermonate in Afrika verbringt und auch in den Sommermonaten hauptsächlich in den wärmeren Gebieten Südeuropas anzutreffen ist. Über viele Jahrzehnte war er aber auch in Wärmeinseln in Deutschland, wie z. B. dem Kaiserstuhl, zahlreich zu sehen, was sich, wie bei vielen anderen Vögeln, leider auch geändert hat. Auch ihm macht die Einschränkung – vor allen Dingen seiner Brutgebiete in offenen Landschaften und Obstbaumwiesen – sehr zu schaffen.

Positiv ist für den Wiedehopf sicherlich ein Thema, das uns ansonsten eher mit Sorge beschäftigt, nämlich der Klimawandel. Dadurch kann er sich verstärkt auch wieder in unseren Gefilden in den Sommermonaten aufhalten, und aus den derzeit 850 bis 900 Brutpaaren werden dann möglicherweise in der Zukunft wieder mehr werden.

Die Bekämpfung des Klimawandels beschäftigt uns selbstverständlich auch bei der Stadt Wendlingen am Neckar sehr. Wir haben im September im Gemeinderat eine erste Evaluierung unseres aus dem Jahr 2014 stammenden Klimaschutzkonzeptes vorgestellt und dabei mit Ernüchterung festgestellt, dass wir lediglich eine Reduzierung um 0,4 % des CO 2 Ausstoßes seit der Verabschiedung des Klimaschutzkonzeptes erreicht haben. Dies hat vielfältige Ursachen. Zum einen hat leider der Anteil an den Emissionen durch den Verkehr nochmals zugenommen und liegt bei derzeit ca. 50 % der Gesamtemissionen. Leider gab es mehr Fahrzeugzulassungen, und diese dann auch noch mit einem deutlich höheren Kraftstoffverbrauch als dies in der Vergangenheit der Fall war. Insoweit haben wir beim motorisierten Individualverkehr eine eher kontraproduktive Entwicklung. Der andere Grund für den nur geringen Reduzierungsgrad ist sicherlich, dass im privaten Bereich noch zu wenig CO2 eingespart wird. Wir werden deshalb unsere Bemühungen in den kommenden Jahren vor allen Dingen auch auf die Beratung und die Aufklärung setzen müssen. Die Stadt selbst hat durch Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED, die Umrüstung des Fahrzeugparks, aber auch den verstärkten Einsatz von Photovoltaik auf öffentlichen Dächern in den vergangenen Jahren erste Schritte unternommen, die aber nun nochmals deutlich intensiviert werden müssen, damit wir unsere im Klimaschutzkonzept und dem Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg veröffentlichten Ziele erreichen können.

Neben dem Thema Klimaschutz haben wir mit dem Haushaltsplanentwurf 2022 als weitere wichtige Ziele die Digitalisierung an Schulen und in der Verwaltung, den weiteren Ausbau der Kinderbetreuung sowie die Attraktivierung der Innenstadt zum Erhalt des Einzelhandelsstandorts Wendlingen am Neckar formuliert.

Im vergangenen Jahr hat uns – neben dem Anbau an den Kindergarten Neuburgstraße, dem abgeschlossenen Rathausanbau, die Sportparkerweiterung sowie die Fortführung des Hochwasserschutzes am Neckar im ersten und zweiten Bauabschnitt – vor allen Dingen auch die Entwicklung im Otto Quartier sehr stark beschäftigt. Leider konnte in diesem Quartier mit den Bauarbeiten noch nicht begonnen werden, auch wenn die Verlegung des Schwanenwegs bereits in Angriff genommen worden ist, um Platz für das städtische Parkhaus zu schaffen. Die Verhandlungen mit den beiden Eigentümern im Quartier gestalten sich sehr komplex und ich hoffe, dass wir nun bald zu einem Abschluss eines städtebaulichen Vertrages kommen werden, der es erlaubt, Baurecht zu setzen, damit mit den Hochbauprojekten begonnen werden kann.

Ein weiteres Großbauprojekt hat sich hingegen im Jahr 2021 sehr erfreulich entwickelt, sodass wir im April mit dem Spatenstich für das neue Verwaltungsgebäude der Volksbank Mittlerer Neckar auf dem ehemaligen Behrparkplatz rechnen dürfen.

Zum Jahresende 2022 wird die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm der Deutschen Bahn in Betrieb gehen, und damit kommt ein Megaprojekt zu einem Abschluss, das uns ebenfalls in den vergangenen Jahren sehr beansprucht hat und das uns zumindest in der Übergangszeit bis zur Fertigstellung des Bahnhofsprojekts S 21 in Stuttgart zusätzliche Verkehrsverbindungen zwischen Wendlingen am Neckar und Ulm bringen wird. Ich hoffe, dass auch die noch laufenden Bauarbeiten für die sogenannte große Wendlinger Kurve zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden können und damit endgültig der Rückbau des Baustellengeländes vor den Toren der Stadt erfolgen kann. Insgesamt sind wir mit dem Ablauf dieser Baumaßnahme sehr zufrieden. Gemessen an den ungeheuren Erdbewegungen und Bautätigkeiten haben sich die Belastungen für die Stadt Wendlingen am Neckar deutlich in Grenzen gehalten, auch wenn es durch häufige Sperrungen der Radwegeverbindung – insbesondere für die Schülerinnen und Schüler aus Oberboihingen und Unterensingen doch immer wieder zu Einschränkungen gekommen ist.

Selbstverständlich hat uns insbesondere das Thema „Bekämpfung der CoronaPandemie“ im abgelaufenen Jahr sehr stark gefordert und wird uns auch im Jahr 2022 weiter begleiten. Die Stadt hat dabei neben der Umsetzung der sich häufig ändernden Verordnungen aus meiner Sicht insbesondere bei der Umsetzung der Impfkampagne sehr erfolgreich gearbeitet. Im Frühjahr gab es eine erste Schwerpunktaktion für ältere Menschen in unserer Stadt, die wir auch für Menschen in Köngen, Oberboihingen, Unterensingen mit den Maltesern und dem Roten Kreuz gemeinsam organisiert haben. Als dann im Herbst erneut das Hochfahren von Impfkapazitäten notwendig war, um neben der Erhöhung der Impfquote auch die dann anstehenden „Booster“-Impfungen für die bereits geimpften Menschen sicherstellen zu können, konnten wir erneut und dieses Mal über mehrere Monate hinweg, in Kooperation mit den Hausarztpraxen in Wendlingen am Neckar, mehrmals wöchentlich Angebote im Treffpunkt Stadtmitte machen. Diese Angebote werden so lange fortgesetzt, bis all die Menschen geimpft sind, die sich impfen lassen wollen. Mein großer Wunsch wäre, dass dies nochmals deutlich mehr werden, weil mit der derzeitigen Impfquote von gut 70 % der Übergang zu einem wieder weitgehend normalen Leben für alle nicht möglich sein wird.

Zunehmend hat uns aber nicht nur die Bekämpfung der Corona-Pandemie beschäftigt, sondern auch der Protest gegen die notwendig gewordenen Corona-Schutzmaßnahmen und Einschränkungen in unserem Land. Ich habe an dieser Stelle bereits im vergangenen Jahr darauf hingewiesen, dass ich überhaupt kein Verständnis dafür habe, dass Menschen, die sich in ihrer Freiheit beeinträchtigt sehen, unser Staatswesen mit einer Diktatur vergleichen und sich in eine Reihe mit in der Vergangenheit und Gegenwart tatsächlich politisch verfolgten Menschen sehen. Diese Haltung ist aus meiner Sicht völlig inakzeptabel, und diese Menschen sollten sich Gedanken darüber machen, wie geringschätzend und entwürdigend sie mit den Menschen umgehen, die in Vergangenheit und Gegenwart vieltausendfaches fürchterliches Leid erlitten haben. Es zeichnet unsere Demokratie eben gerade aus, dass über Sinn und Unsinn von Maßnahmen kritisch diskutiert, gestritten und dagegen auch protestiert werden kann, und es zeichnet unsere Demokratie aus, dass Maßnahmen, die aus welchem Grund auch immer als unzureichend angesehen worden sind, wieder verändert werden und fortgeschrieben werden können. Dies alles ist kein Ausdruck einer von den Gegnern sogenannten „Corona-Diktatur“, sondern ganz im Gegenteil Ausdruck einer sehr lebendigen und intakten Demokratie.

Vielmehr sollten diejenigen, die jetzt nicht durch friedliche Proteste, sondern durch Androhung von Gewalt ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen, sich fragen, ob es ein Zeichen von Demokratieverständnis ist, wenn man diejenigen, die demokratisch legitimiert Entscheidungen treffen, diffamiert und ihnen gar Gewalt androht. Mit meinem Demokratieverständnis lässt sich das jedenfalls nicht in Einklang bringen. Mir scheint in der Auseinandersetzung untereinander aber auch wichtig, dass wir, wie es auch unser Bundespräsident zum Ausdruck gebracht hat, uns immer so begegnen, dass ein gutes Zusammenwirken und Zusammenhalten unserer Gesellschaft auch nach Corona möglich sein wird. Ich bitte alle Menschen in unserer Stadt, dies zu berücksichtigen und bei Diskussionen und Auseinandersetzungen über Sinn und Unsinn von Maßnahmen zu beachten.

Wir sind eine Gemeinschaft und bleiben dies auch über die Corona-Pandemie hinaus. Wir haben in den kommenden Jahren und Jahrzehnten sehr schwierige Aufgaben miteinander zu bewältigen, und es wird ganz entscheidend darauf ankommen, wie wir dies in einem guten Zusammenwirken – über unterschiedliche Meinungen in Einzelfällen hinweg – tun werden. Ich bitte Sie alle als Gesellschaft bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zusammenzustehen.

Abschließend wünsche ich Ihnen und Ihren Familien ein gesundes, erfolgreiches und vor allen Dingen zufriedenstellendes Jahr 2022. Und ich wünsche uns allen, dass wir immer die richtige Mitte zwischen engagiertem Ringen um den richtigen Weg und der notwendigen Gelassenheit, manches einfach zu akzeptieren, finden mögen.

Herzlichst

Steffen Weigel Bürgermeister

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